Nancy Storace – eine herausragende britische Opernsängerin italienischer Herkunft
Nancy Storace war eine außergewöhnliche britische Opernsängerin italienischer Abstammung, die ihre Karriere bereits im Alter von acht Jahren begann. Einige der bedeutendsten Komponisten der Zeit schrieben für sie. Die Rolle der Susanna von Le nozze di Figaro sang sie erstmals 1786 auf der Bühne.
Frühe Erfolge in Italien
Nancy Storace wurde 1765 in London geboren. Ihre Mutter war Engländerin, ihr Vater Italiener und ein Kontrabass-Spieler. Sie studierte Gesang in Italien bei dem berühmten Kastraten Venanzio Raucini, für den Mozart später sein Werk Exultate Jubilate komponierte. Nancy begann ihre Karriere 1776 mit einer Aufführung in Raucinis Oper L'ali d'amore. 1782 trat sie in der Mailänder Scala bei der Uraufführung von Giuseppe Sartis Oper Fra i due litiganti il terzo gode auf. Diese frühen Erfolge ebneten ihr den Weg zu einer Einladung, im Wiener Hoftheater zu singen, wo sie ein großzügiges Jahresgehalt erhielt – zusammen mit ihrem Kollegen, dem Bassisten Francesco Benucci.
Karriere in Wien
1783 gründete der österreichische Kaiser Joseph II. eine neue Operngesellschaft, die sich auf italienische komische Opern konzentrierte. Zu dieser Zeit war Nancy bereits in Venedig engagiert. Sie verbrachte vier sehr erfolgreiche Jahre in Wien und wurde zu einer der gefragtesten Sängerinnen ihrer Zeit. Große Komponisten wie Mozart, Salieri, Martin und Soler schrieben Werke speziell für sie.
Besonders berühmt wurde sie für ihre Darstellung der leichteren und vokal weniger anspruchsvollen Rollen. Ihre hervorragenden schauspielerischen Fähigkeiten, Bühnenpräsenz und gepflegte Musikalität waren ihre herausragendsten Qualitäten. Besonders hervorzuheben ist ihre erste Aufführung der Rolle der Susanna in Mozarts Le nozze di Figaro im Jahr 1786.
Zudem schrieb Mozart für sie die Arie Nacqui all'aria trionfale aus seiner unvollendeten Oper Lo sposo deluso und die Konzertarie Ch'io mi scordi di te für ihren Abschiedskonzert. Diese Arie, ein Meisterwerk voller Lyrik und Virtuosität, wurde mit Mozart am Klavier dargeboten.
Vicente Martin i Soler
Zu der Zeit, als Nancy auf dem Höhepunkt ihrer Karriere war, war der talentierte spanische Komponist Vicente Martin i Soler in Wien tätig und erzielte als Opernkomponist beachtliche Erfolge, obwohl er dem breiten Publikum heute relativ unbekannt ist. Er wurde 1754 in Valencia geboren. Sein Vater war Tenor in der Stadtkirche, wo Vicente als junger Mann sang. Er studierte Musik in Bologna bei Giovanni Battista Martini. Er entwickelte seine Karriere zunächst an italienischen Theatern, kam Ende 1785 nach Wien und begeisterte dort die Opernliebhaber. Nach Wien war Soler in St. Petersburg tätig, wohin er auf Einladung von Katharina der Großen reiste. Bevor er gegen Ende seines Lebens in die russische Zarenhauptstadt zurückkehrte, war Soler auch in London tätig.
Während seiner Zeit in Wien stellte insbesondere eine Oper viele andere in den Schatten, sogar Mozarts Die Hochzeit des Figaro. Solers Melodien wurden so populär, dass sie auf der Straße gesungen wurden. Mozart erwies ihm den gebührenden Respekt, indem er ihn in der Oper Don Giovanni zitierte. Die Oper, die Soler berühmt machte, heißt Una cosa rara, und die Rolle der Schäferin Lila wurde von Nancy Storace gesungen. Fast jede Nummer aus diesem Stück wurde ein Hit und die Einfachheit der Musik passte perfekt zu Nancy, was man in der Arie Dolce mi parve un dì hören kann.
Der Verlust der Stimme
Im Jahr 1785 erlitt Nancy Storace einen nervösen Zusammenbruch und verlor ihre Stimme während einer Opernaufführung, die von ihrem Bruder Stephen Storace komponiert wurde. Während des ersten Aktes konnte sie plötzlich keinen Ton mehr von sich geben, was ihre Karriere erheblich beeinträchtigte. Trotz dieses Rückschlags erholte sie sich zumindest teilweise und nahm ihre Bühnenkarriere wieder auf. Es wird berichtet, dass Mozart und Salieri nach ihrer Genesung gemeinsam die Solo-Kantate Per la ricuperata salute di Ofelia komponierten, die kürzlich wiederentdeckt und rekonstruiert wurde.
Rückkehr nach London und Zusammenarbeit mit Haydn
Nach ihrem Abschied von der Wiener Oper zog Nancy 1787 nach London, wo sie ihre Karriere fortsetzte. Dort knüpfte sie an ihre Freundschaft mit Joseph Haydn an, der in den 1790er Jahren mehrere seiner Werke mit großem Erfolg in London präsentierte. Besonders bemerkenswert war ihr Auftritt bei einem Konzert zu Ehren von Haydn, bei dem ihm feierlich der Doktortitel der Universität Oxford verliehen wurde. Nancy hatte bereits in Wien im Jahr 1784 eine solistische Rolle in Haydns Oratorium Il trionfo di Tobia übernommen.
Nancys Beitrag zur Musikgeschichte
Trotz der Tatsache, dass die Musikgeschichte oft die Erfolge männlicher Komponisten betont, sollte auch das Wirken von Künstlerinnen wie Nancy Storace gewürdigt werden. In einer Zeit, in der die Opernwelt von italienischen Künstlern dominiert wurde, war es eine Seltenheit, dass eine britische Sängerin solche Anerkennung erlangte. Ihr Erfolg ebnete den Weg für viele britische Sängerinnen, die im 19. Jahrhundert ihre eigenen erfolgreichen Opernkarrieren aufbauten.
Nancy Storace hinterließ ein bedeutendes musikalisches Erbe und trug mit ihrer Stimme, ihrem Talent und ihrem künstlerischen Einfluss maßgeblich zur Entwicklung der Oper im 18. Jahrhundert bei.
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